Das Gespräch führte Joachim Kübler

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass man im Eugenie Michels Hospiz aufgenommen werden kann?

Voraussetzungen: Eine schwere Erkrankung, die progredient verläuft. Die Dauer der Lebenszeit beträgt wahrscheinlich Wochen bis wenige Monate. Eine ärztliche Bescheinigung bestätigt die Hospizindikation.

Welche Anzahl an Zimmern gibt es?

Das Eugenie Michels Hospiz in Bad Kreuznach verfügt über 12 Plätze und das Aenne Wimmers Hospiz in Simmern hat 8 Betten. Alle Appartements sind jeweils für einen Hospizgast.

Gibt es Gemeinschaft mit den anderen Sterbenden und welche Gemeinschaftsräume gibt es?

Der Wohn- und Essbereich mit offener Küche ist in beiden Hospizen sehr hell und geräumig und wird regelhaft  von den Hospizgästen zum Einnehmen der Mahlzeiten, zum Spielen von Gesellschaftsspielen und bei Veranstaltungen genutzt. Des Weiteren gibt es in Bad Kreuznach noch einen schön angelegten Garten mit großer Terrasse und in Simmern eine Dachterrasse mit Wind- und Regenschutz.

Werden Verwandte und Freunde in den Alltag integriert?

Freunde und Angehörige der Hospizgäste werden auf Wunsch in die Pflege miteinbezogen, genauso wie in jegliche Therapieinterventionen wie Klangmassage, Aromapflege oder Kunsttherapie. Zudem besteht die Möglichkeit Beratungsleistungen von unserem Sozialarbeiter zu erhalten oder ein entlastendes Gespräch mit der Psychologin oder auch dem Seelsorger zu führen.

Wer betreut die Sterbenden und sind die Mitarbeitenden speziell ausgebildet?

Das Team ist multiprofessionell, wobei die Pflegekräfte den größten Anteil haben und fast zu 100 % die Palliative Care Zusatzqualifikation absolviert haben. Das Team wird zudem durch Hauswirtschaftskräfte ergänzt. Mit zwei Palliativmedizinern bestehen Kooperationsverträge, was bedeutet, dass eine 24h-Rufbereitschaft gewährleistet ist und die Ärzte dreimal wöchentlich routinemäßig ins Hospiz kommen. Ein Team aus ehrenamtlichen Hospizbegleitern ist eine weitere tragende Säule der Hospizarbeit, welches sich engagiert in die Betreuung der schwerstkranken und sterbenden Menschen miteinbringt.

Das Sterben ist sicher sehr individuell – lassen Sie uns aber bitte auf folgende Aspekte noch eingehen:
Wie helfen Sie bei Ängsten vor dem Tod oder dem Sterben?

Erst einmal müssen die Gründe für die Ängste eruiert werden. Die Angst vor Schmerzen, vor Atemnot oder gar vor dem Ersticken oder weiteren Symptomen kann durch eine gezielte Beratung und entsprechend angepasste Medikation zumeist aufgehoben werden. Sind die Ängste oder genauso auch die Schmerzen psychosozial begründet, können alle oben genannten Therapieangebote oder Gespräche unter Umständen Ängste oder seelische Schmerzen lindern. Manchmal braucht es auch nur eine Hand, die den Menschen hält, Halt gibt und Sicherheit vermittelt. Oder es ist eine Handmassage oder ein wärmendes Fußbad, die Zuwendung verspricht und Geborgenheit ausstrahlt. Manche Menschen erleben es zum ersten Mal in ihrem Leben, dass sie in dieser Art und Weise umsorgt werden, dass ihre Bedürfnisse gesehen, anerkannt und befriedigt werden.

Welche Hilfe kann bei Schmerzen erwartet werden?

Hier gibt es viele verschiedene Wege und Angebote, um gerade auch die Angst vor dem Sterben zu reduzieren. Bei vielen Menschen gelingt das, aber ehrlicherweise nicht bei allen, was man auch nicht für sich in Anspruch nehmen sollte. Dafür ist unser Leben viel zu komplex.

Welche Rolle spielen ungeklärte Konflikte und gibt es für Aussprachen psychologische Begleitung?

Die Menschen dürfen so sein, wie sie sind. Niemand wird be- oder gar verurteilt, sondern in seinem So-Sein angenommen. Konflikte können in unterschiedlichen Gremien thematisiert und bearbeitet werden, wobei durchweg regelmäßige Supervisionen stattfinden.

Gibt es für die Sterbende überhaupt noch schöne Momente im Leben?

Für die sterbenden Menschen gibt es noch viele schöne Momente, wenn sie zugelassen werden. Die Menschen schätzen es sehr, dass sie selbst Entscheidungen treffen können, wie sich der Tagesablauf gestalten soll und sie keinen Zwängen mehr unterliegen. Zudem genießen sie die verschiedenen angenehmen Therapieinterventionen, wenn alle Aufmerksamkeit auf sie gerichtet ist und sie ihren Körper spüren und in die Entspannung kommen. Es gibt regelmäßige Veranstaltungen wie Gartenkonzerte, Tanzaufführungen, interne Gottesdienste oder Bilderausstellungen. Wir organisierten eine Motorradgruppe mit Beiwagen, sodass eine Motorradtour ermöglicht wurde, welche ich mit meinem Motorrad begleitete. Wir organisierten mit Unterstützung unseres Fördervereins einen italienischen Abend mit Livemusik und eine Oldtimer-Ausstellung mit Rundfahrtmöglichkeiten. Wir kooperieren mit dem ASB-Wünschewagen, der uns und unsere Hospizgäste darin unterstützt, letzte Wünsche zu erfüllen, wie beispielsweise eine Fahrt mit den Kindern und Ehefrau zum Pokalspiel des 1. FCK, wo der Tag im VIP-Bereich seinen krönenden Abschluss gefunden hat. Zudem wird regelmäßig ein Lieblingsessen für den jeweiligen  Hospizgast frisch zubereitet, oder es werden Kuchen, Muffins oder Waffeln gebacken, wobei die Düfte durch unser Haus ziehen.

Tod bedeutet Abschied und Trauer – was sind die schönen Momente in diesem Beruf?

Als ich vor über zehn Jahren, damals noch in Wiesbaden, in die Palliativversorgung wechselte, wusste ich nach wenigen Tagen, dass ich nichts anderes mehr machen möchte – auch wenn ich mit großem Respekt in diesen Aufgabenbereich eintrat. Abschiednehmen, Loslassen, Trauer und Leiden sind Bestandteile unseres Lebens.

Wir würden die Freude und das schöne Gefühl von Liebe nicht wahrnehmen und genauso wenig wertschätzen, wenn wir keine Schmerzen kennen würden. Auch das Licht leuchtet nur in der Dunkelheit. Schließlich zeigt uns nur der Tod, wie kostbar und wertvoll unser Leben ist. Von daher ist jeder Moment im Leben, jeder Augenblick von einem unermesslichen Wert, was uns hier im Hospiz jeden Tag bewusst wird. Es ist die erlebte Intensität aller Emotionen, welche die Arbeit so besonders und für mich wunderschön macht.

Eigentlich sollten alle Menschen genauso bewusst leben, ihre Gefühle wahrnehmen und zulassen und ihr Leben somit mit Leben füllen. Dafür braucht es nicht viel. Hier lernt man jeden Tag, worum es geht und was wirklich wichtig ist, sodass das eigene Leben irgendwann nicht beendet, sondern vollendet ist. Hospizarbeit spiegelt sich in einer Haltung wider, mit einem JA zum Leben. Und Leben heißt nun mal Sterben – und die Liebe erleichtert das Loslassen, da sie uns das Vertrauen schenkt, dass alles einen Sinn hat und nichts umsonst geschieht, auch wenn der Verstand uns beim Thema Tod immer wieder an eine Grenze führt. Es sind die Begegnungen mit den Menschen, die in einer besonderen Sensitivität und Intensität stattfinden und die Arbeit bereichern. Ich kenne keinen anderen Ort, an dem so viel geweint UND gleichzeitig so viel gelacht wird. Wenn es regnet und gleichzeitig die Sonne scheint, entsteht ein Regenbogen.

Wie kann man ehrenamtlich im Eugenie Michels Hospiz mitarbeiten und wo ist die Ausbildung?

Die Ausbildung zum ehrenamtlichen Hospizbegleiter bieten wir im Moment gemeinsam mit den Maltesern in Bingen an, wobei wir für das nächste Jahr eine eigene Ausbildung anstreben. Die Kosten belaufen sich hierfür bei ca. 150,- bis 200,- Euro.

Was kostet die Ausbildung und wo können sich Interessierte bewerben?

Interessierte können sich jederzeit mit mir oder unserem Ehrenamtskoordinator Herrn Gotre in Verbindung setzen, so dass man sich in einem Vorgespräch kennenlernen kann.

Wie finanziert sich das Hospiz?

Das Hospiz wird zu 95 % von den Kranken- und Pflegekassen finanziert und muss 5 % über Spenden akquirieren, was alleine für das EMH in Kreuznach einem Betrag von über 90.000,- Euro entspricht.


Foto: Stiftung kreuznacher diakonie

Ihre Ansprechpartnerin

Christina Gann
Leitung Hospize Eugenie Michels und Aenne Wimmers
Eugenie Michels Hospiz
Bösgrunder Weg 19
55543 Bad Kreuznach
Tel.: 0671/605-3151