„Seelen-Tanke“
Warum diese Unterseite und warum der Name “Seelen-Tanke”?
Wir fahren auf der Autobahn. Die Autobahn heißt Leben. Manch einer kommt nur mühsam voran, transportiert schwere Last. Andere sind fröhlich unterwegs, fahren in den Urlaub, freuen sich auf die Ferien. Dann gibt es welche, die mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs sind, ihrem Fahrzeug und sich selbst trotz Gefahr Höchstleistungen abverlangen. Eins ist allen gemein. Irgendwann stockt die Fahrt, der Treibstoff wird knapp, die Konzentration lässt nach. Hunger, Durst und der Wunsch nach Pause drängen sich ins Zentrum der Wahrnehmung. „Wann kommt die nächste Tanke?“, fragen sich die Mutter, der Brummifahrer, die eilige Geschäftsfrau oder der Großvater hinter dem Steuer. Irgendwann kommt die „Tanke“ – bunte Schilder weisen den Weg, das Ziel ist erreicht. Die Ressourcen werden aufgefüllt, Bedürfnisse erfüllt. Erleichterung. Zeit zum Innehalten, bevor es weitergeht. Zeit, ein wenig Seele durchatmen zu lassen.
Ja, oft ist es an der Zeit, im Leben Inne zu halten. Zeit zu finden – zur mentalen Erholung und Inspiration. Diese wollen wir Ihnen auch hier – mit den Texten und Berichten unter dem Label „Seelen-Tanke“ – schenken. Entspannen Sie sich, holen Sie sich Tipps und Anregungen für den Alltag, und freuen Sie sich, dass der Weg nach der Lektüre leichter erscheint. Und kommen Sie wieder. An unserer Tanke gibt es immer wieder neuen mentalen Treibstoff – für einen guten Weg im weiteren Leben. Tanken Sie auf. Holen Sie sich Energie. Hier bei uns finden Sie das Passende.
Die Autoren auf dieser Seite sind:
Ute Weiser (Pfarrerin Ev. Kirchengemeinde Bad Kreuznach)
Bärbel Dörr (Ansprechpartnerin und Seelsorgerin in der katholischen Kirchengemeinde der Stadtpfarrei Heilig Kreuz)
Annette Stambke (Diakonin, Seniorenhilfe kreuznacher diakonie)
Annerut Marx (Dipl.-Sozialarbeiterin, Pflegestützpunkt)
Udo Foerster (Gesellschafter, meinSanihaus)
Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen…

Foto: Bärbel Dörr
Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen, die Blätter an den Bäumen verfärben sich und fallen dann ab.
Die bunten Farben sind noch einmal schön anzusehen, bevor sie verfaulen. Das ist der Kreislauf des Lebens: werden und vergehen.
Nun beginnt die dunklere, ungemütliche Jahreszeit und so steht auch der Monat November im Zeichen des Gedenkens an Tod und Trauer. In diesen Tagen beschäftigen wir uns mehr als sonst mit diesen Themen.
Auch die vielen Krisen und Kriege in unserer Welt führen uns in den Nachrichten täglich vor Augen, dass unser Leben endlich ist und wie wichtig es für uns ist, dass wir uns Gedanken machen, wie wir gut und richtig leben können.
Folgende Fragen stellen wir uns:
Wie lebe ich mein Leben, angesichts der Tatsache, dass es begrenzt ist?
Wie achtsam gehe ich mit mir und meinem Leben um?
Was möchte ich (noch) tun, damit mein Leben gelingt?
Was ist mir hier und heute wichtig und wertvoll, was möchte ich meinen Kindern mitgeben?
Solche oder ähnliche Fragen stellen wir uns und die Antworten sind so unterschiedlich und individuell wie unsere Lebensentwürfe.
Es tut gut, wenn wir uns in diesen Tagen etwas Ruhe und Stille gönnen.
Ein Blick aus dem Fenster, ein Gebet, eine Schriftlesung, eine gute Musik – all das kann uns helfen gute Antworten und Hilfen auf unserem Lebensweg zu finden.
Mir fiel dazu eine bekannte Geschichte ein: Die Parabel von den zwei Wölfen: Ein alter Indianer erzählt mit seinen Enkeln, von einem inneren Kampf, der seit Urzeiten in jedem Menschen stattfindet und vor niemandem Halt macht. Im Leben eines jeden Menschen gibt es zwei Wölfe, die miteinander um das Herz des Menschen kämpfen.
Der eine Wolf – ist der dunklere – er ist rachsüchtig, aggressiv und grausam. Er sät Ärger, Angst, Verleugnung, Neid, Eifersucht, Sorgen, Gier, Selbstmitleid, Einschränkung, Schuld, Überheblichkeit und Missgunst.
Der andere Wolf – der hellere – ist liebevoll, sanft und mitfühlend.
Er sät Heiterkeit, Freude, Frieden, Liebe, Hoffnung, Wirksamkeit, Offenheit, Freundschaft, Gelassenheit, Selbstvertrauen, Wahrhaftigkeit und Güte, Dankbarkeit, Wohlwollen, Klarheit und Weisheit.
Die Enkel dachten nach und fragten:
Und welcher von beiden wird den Kampf gewinnen?
Der alte Indianer antwortet:
Es gewinnt derjenige, der am häufigsten gefüttert wird.
Darum lebe achtsam und lerne beide Wölfe gut kennen und wähle jeden Tag von Neuem welchen Wolf du füttern möchtest.
Soweit die Geschichte von einem unbekannten Verfasser.
Natürlich ist im Leben und auch in unserer Welt nicht alles schwarz oder weiß. So einfach ist es nicht.
Trotzdem lohnt es sich immer mal wieder an diese Geschichte zu denken und bei wichtigen Entscheidungen die richtige Wahl zu treffen.
Gehen wir achtsam und aufmerksam mit uns selber und unseren Mitmenschen um.
Einen guten Jahresausklang wünscht Ihnen
Bärbel Dörr
ES GRÜNT!

Foto: Annerut Marx / Dipl. Sozialarbeiterin
Ich stelle fest: in meiner Umgebung ist dieses Jahr im August etwas anders als in den letzten Jahren, es sticht ins Auge:
ES GRÜNT
Die Bäume vor meinem Balkon leiden dieses Jahr nicht an Hitzestress, sie sind herrlich grün und saftig. Die Wiesen in der Umgebung strotzen auch vor Leuchtkraft. Und wenn ich in die nahegelegenen Wälder schaue, dann sind dieses Jahr nur sehr wenige braune Flecken darin zu sehen.
So dankbar wie dieses Jahr war ich selten über den Regen im Sommer, erschreckend zeugen die verheerenden Waldbrände in vielen Teilen der Welt von den dramatischen Auswirkungen der Trockenheit.
Im Psalm 23 heißt es:
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln, er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zu frischem Wasser. Er erquicket meine Seele.“
Der Psalmbeter David zeichnet hier ein Bild von einer grünen Aue und bringt es in Verbindung mit der Erquickung der Seele. Auch ich stelle immer wieder fest: Das Grün der Natur erquickt meine Seele. Es tut gut und erfrischt, das Grün bei einem Spaziergang auf mich wirken zu lassen, darin einzutauchen. Die grüne Natur wirkt auf mich wie eine Kraftquelle, die mich umgibt und deren Kraft ich in mich aufnehmen darf. Ganz umsonst finde ich diese Kraftquelle vor meiner Haustür.
Auch die Mystikerin Hildegard von Bingen kennt diese „Grünkraft“, lat. Viriditas. In einem Lied „O nobilissima viriditas” besingt sie die Grünkraft:
„O edelstes Grün, das seine Wurzeln in der Sonne hat und das in heiterem hellem Glanz im Kreis leuchtet, von keiner irdischen Intelligenz zu begreifen, Du bist umfangen von der großen Umarmung der göttlichen Geheimnisse. Wie die Morgenröte strahlst du und glühst wie das Feuer der Sonne.“
Für Hildegard von Bingen wirkt diese edle und mächtige Grünkraft in allem Lebendigen, sie bringt Wachstum und Gedeihen hervor. Als Naturforscherin und heilkundige Äbtissin kannte sie auch die heilsame Wirkung der Grünkraft. Diese Grünkraft steht für sie in Verbindung mit dem göttlichen Geheimnis zu, beides gehört zusammen. So wie ich es verstehe, ist für sie alle Grünkraft, der wir begegnen, zugleich auch immer eine Begegnung mit der Gotteskraft, die in allem wirkt. Welch ein schöner Gedanke!
Lassen Sie uns diese Grünkraft in uns aufnehmen und wirken!
Text/Foto:
Annerut Marx
Dipl. Sozialarbeiterin
Eingeladen!
Ein Käfer betrachtete kritisch einen anderen Käfer und bemerkte die vielen Falten um seine Augen.
„Oh, zu viel in der Sonne gesessen?“, fragte er spöttisch. „Oder zu viel gelacht?“ „Vielleicht von beidem etwas!“, antwortete der andere und lachte.

Pfarrerin Ute Weiser
Manchmal ist es schwer, das Leben zu genießen. Zu viel stellt sich in den Weg. Da sind Sorgen und Ängste. Wir grübeln, igeln uns in dieses Grübeln ein. Besonders in der Nacht gelingt uns das. Das Sprichwort: „In der Nacht sind alle Katzen grau“, meint genau das: Alles ist schwer in der Nacht in unseren dunklen Gedanken. Was uns belastet, scheint kaum lösbar, die Ängste vor der Zukunft sind handfest nahe. Im nächtlichen Grübeln gibt es keine Offenheit für überraschende Wendungen und kleine Wunder, die das Leben eben auch bereithält. In der Nacht ist alles grau in unseren Gedanken.
Und dann explodiert in diesen Tagen und Wochen das Leben um uns herum. Frühling, Frühsommer. Die Sonne scheint, die Blumen blühen, die Vögel singen und sorgen für neues Leben. Überall ist Schönheit greifbar. Mitten in unseren Sorgen und Ängsten will uns das berühren. Jetzt greifbar werden. Und uns damit verwandeln. Wie beim Käfer: Ja, gerne in der Sonne sitzen und viel lachen – was sind schon Falten? Und was kümmert mich der Neid der anderen?
Genießen – dürfen wir das? Fragen manche.
Sie leisten in der Pflege Unglaubliches, sind für ihre Menschen da. Oft bis an den Rand der Erschöpfung. Dürfen wir das, angesichts der traurigen Situation, in der wir stehen? Denn es wird ja nicht besser, es wird eher schwerer. Und immer ist da die Frage: reichen meine Kräfte? Und schon gehen die Sorgen wieder los.
Es stimmt, was uns das Leben schwer macht und die Luft zum Atmen raubt, das kann man nicht wegreden. Aber man kann lernen, das andere wieder zu sehen und zuzulassen. Das neue Leben, das Lachen, die Sonne, die Freude am Leben. Gott will nicht, dass wir die Freude am Leben verlieren, er will nicht, dass Sorgen und Ängste uns auffressen. Er lädt uns ein zum Leben, es ist sein Geschenk. Es kommt darauf an, dieses Geschenk wieder bewusst wahrzunehmen, sich schenken zu lassen.
Wie gelingt das?
In dem man sich Zeit nimmt, Zeit für sich selbst, gerade in belastenden Lebensphasen. Zeit dafür, die Seele baumeln zu lassen oder Zeit, Zeit, in der wir mal gar nichts tun. Oder Zeit für unser Hobby oder Zeit ein neues zu entdecken. Tun wir das nicht, verlieren wir die Freude in unserem Leben. Das aber darf um unserer Willen und um Gottes Willen nicht sein!
Wir sind in allen Phasen unseres Lebens für die Freude gemacht, für das Lachen und das Leben. Das brauchen wir nicht auf ein „später“ verschieben. Also: Genießen Sie in diesen Tagen dieses wunderbare Leben, trotz allem!
EINMAL WIRD UNS GEWISS DIE RECHNUNG PRÄSENTIERT,
FÜR DEN SONNENSCHEIN UND DAS RAUSCHEN DER BLÄTTER,
DIE SANFTEN MAIGLÖCKCHEN UND DIE DUNKLEN TANNEN,
FÜR DEN SCHNEE UND DEN WIND,
DEN VOGELFLUG UND DAS GRAS UND DIE SCHMETTERLINGE,
FÜR DIE LUFT, DIE WIR GEATMET HABEN,
UND DEN BLICK AUF DIE STERNE UND FÜR DIE TAGE, DIE ABENDE UND DIE NÄCHTE.
EINMAL WIRD ES ZEIT, DASS WIR AUFBRECHEN UND BEZAHLEN.
BITTE DIE RECHNUNG!
DOCH WIR HABEN SIE OHNE DEN WIRT GEMACHT:
ICH HABE EUCH EINGELADEN, SAGT DER UND LACHT, SOWEIT DIE ERDE REICHT:
ES WAR MIR EIN VERGNÜGEN!
(Lothar Zenetti)
Ute Weiser, Ev. Kirchengemeinde Bad Kreuznach
Fastenzeit
Es ist Anfang März, vor einer Woche hat die Fastenzeit begonnen.
Viele Menschen nutzen diese Zeit bis Ostern, um für sieben Wochen bewusst auf etwas zu verzichten.

Foto: Annette Stambke
Oft ist es eine liebe Gewohnheit, die man jetzt lässt. Die man zwar übers Jahr schätzt und genießt – das Glas Wein am Abend, die Schokolade zwischenrein, „online sein“ zu jeder Zeit, lange Fernsehabende …- Gewohnheiten, die mitunter auch ein gewisses „zu viel davon“ mit sich bringen. Die Fastenzeit kann eine Zeit für Entlastung sein und Zeit ein neues Maß für sich zu finden.
Vielleicht ist auch über die Gewohnheit die Wertschätzung dieser „lieben Dinge“ verloren gegangen und die Konsumpause in den sieben Wochen kann sie wieder bewusst und spürbar machen.
Wieder andere üben nicht Verzicht, sondern nehmen sich bewusst Zeit für etwas, das im Vielerlei des Alltags oft verloren geht und einem doch wichtig ist. Ein abendlicher Spaziergang vielleicht, mehr Aufmerksamkeit für die Gespräche bei gemeinsamer Familienmahlzeit, Zeit für lang aufgeschobene Telefonate …
Es gibt heute eine große Vielfalt an Möglichkeiten, Anregungen und Ratgebern, die Fastenzeit für sich zu gestalten und den Alltag auf eine Weise zu unterbrechen, die Körper, Seele und Geist guttut. Viele dieser Möglichkeiten möchten den Fastenden in diesen Wochen unterstützen, den Blick auch nach innen zu richten und Raum zu schaffen für die Begegnung mit sich selbst: achtsam spüren, was ist und was einen bewegt und was man dazu vielleicht braucht.
Im religiösen Kontext möchte die Fastenzeit auch einladen, der eigenen Gottesbeziehung bewusst Raum zu geben. Vielleicht mit einer regelmäßigen Zeit fürs Gebet, für Stille und das innere Gespräch mit Gott. Ein Thema zu Leben und Glauben kann diese Zeit begleiten, zum Beispiel mit einem Fastenkalender. Kirchen und spirituelle Gemeinschaften geben dazu verschiedene Anregungen. Sie machen einem auch bewusst, man ist nicht alleine unterwegs in dieser Zeit, viele andere sind es auch. Fastenzeit möchte dem einzelnen Menschen Raum für sich schenken und auch das Bewusstsein der Gemeinschaft im miteinander Leben und miteinander Glauben.
Ich persönlich schätze zum einen die Fastenaktion der evangelischen Kirche „7 Wochen Ohne“. In diesem Jahr zum Thema „Leuchten! 7 Wochen ohne
Verzagtheit“ mit täglichen kurzen Gedanken- und Bildimpulsen. Ich finde diese sehr lebendig und erfrischend. Das tut mir gut! Ja, Fastenimpulse können erfrischend sein! Und ich schätze das Projekt projektfastenzeit.org. Bei ihnen ist die Vertiefung der Impulse in der Stille wesentlicher Teil. Die Stille öffnet mir den Raum nach innen.
Ich spüre, was mich jetzt bewegt. In diesem Bewusstsein öffne ich mich für Gottes Gegenwart. In ihr bin ich wahrgenommen, in ihr kann ich „ganz“ sein. Die Impulse – in diesem Jahr „ganz schön zerbrechlich – du mein ebenbild“ – können vom Kopf nach innen wirken. Dort verankern sie mich in meiner Gottesbeziehung. Gestärkt gehe ich in den Tag.
Die Fastenzeit ist mit Ostern zu Ende. Dann ist der Fastenkalender zu Ende geblättert und ich werde wieder das Glas Wein genießen.
Ich bin gespannt, was aus diesen nächsten Wochen über Ostern hinaus mit mir mitgehen wird. Es ist bestimmt etwas dabei.
Ich wünsche Ihnen eine gute (Fasten)-Zeit!
Diakonin Annette Stambke, Seniorenhilfe Stiftung kreuznacher diakonie.
Zeitenwende – meine Zeit steht in deinen Händen

Foto: Bärbel Dörr
Beim Schreiben dieses Textes geht das Jahr 2022 zu Ende – wir schauen auf ein schwieriges Jahr zurück, das uns alle sehr fordert und unsere liebgewordenen Gewohnheiten deutlich in Frage stellt. Doch schauen wir nach vorne, auf das neue Jahr, die Kalenderblätter sind noch leer. Tag für Tag schreibt sie unser Leben weiter, die uns geschenkte Zeit vergeht und wir sind neugierig, was uns das neue Jahr wohl bringen wird.
In diesen Tagen ist das Wort „Zeitenwende“ in aller Munde.
- Wer oder was wendet die Zeiten?
- Werden die Zeiten schlechter?
- Oder werden sich die Zeiten zum Besseren wenden?
- Wer bestimmt das und welchen Einfluss haben wir darauf?
In unserem ganz persönlichen Bereich können wir sicher mitbestimmen, aber in Bezug auf die Krisen in der Welt und Umwelt haben wir nicht so viel Handlungsspielraum. Da fragen wir uns schon, ob wir trotz aller Sorgen und Nöte, Krankheiten und Kummer noch zuversichtlich in die Zukunft blicken können?
- Wie kommen wir durch die Krisen?
- Werden wir zu einem Frieden gelangen?
Die „Zeitenwende“ betrifft uns alle und mir fällt dazu ein Lied ein, dessen Text aus dem Psalm 31 der Bibel stammt.
„Meine Zeit steht in deinen Händen, nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir. Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden, gib mir ein festes Herz, mach es fest in dir.“
Ich vertraue darauf, dass mein Leben von Gott geschenkt ist, ich kann und muss nicht alles selber machen. Er hält meine Zeit in seinen Händen, das lässt mich ruhig werden. Diese Gewissheit lässt mich zur Ruhe kommen und zuversichtlich in die Zukunft gehen.
„Das Gestern ist Vergangenheit, das Morgen ist Spekulation, das Heute ist ein Geschenk.“
Mit dieser Lebensweisheit lässt sich unser Jahreskalender täglich auf das Neue gut füllen. So wünsche ich uns allen, dass wir dieses Geschenk des Lebens dankbar annehmen und dem Leben täglich eine neue Chance geben. Dann wird unsere Zeit erfüllt sein und sich zum Guten wenden.
Text/Foto: Bärbel Dörr, Gemeindereferentin i.R. Kirchengemeinde Heilig Kreuz, Bad Kreuznach
Wie soll das gehen? Es wird Weihnachten!

Foto:
Stefanie Bock / fundus-medien.de
Es ist ein goldener Oktobertag. Die Bäume und Weinberge leuchten in den schönsten Herbstfarben. Ich sitze am Schreibtisch und bereite mich innerlich langsam auf Weihnachten vor. Gedanken für die Seelen-Tanke im Dezember niederschreiben, Abgabe im November. Ein Krippenspiel für den Weihnachtsgottesdienst auf der Asbacher Hütte finden und anpassen. Daran kann der Vorbereitungskreis Anfang November weiterarbeiten.
Und ich denke: Mir ist noch gar nicht nach Weihnachten zumute. Wie soll das gehen?
Wie soll das gehen, fragt Maria den Engel in der Geburtslegende nach Lukas. Zuvor hatte der Engel ihr gesagt, sie werde ein Kind bekommen. Eine große Aufgabe für eine sehr junge, unverheiratete Frau. „Wie soll das gehen, da ich doch von keinem Mann weiß?“ (Lukas 1, 34):
Oft ist es im Leben so: Es legt uns Aufgaben vor, von denen wir nicht wissen, wie wir sie bewältigen können. Verschieben, vor mir herschieben. Es wären ja noch drei Wochen Zeit. Keine sinnvolle Lösung. Vermutlich wird die Aufgabe nicht einfacher, je näher der Abgabetermin rückt. Vor welchen Aufgaben / Herausforderungen haben Sie, die Lesenden in Ihrem Leben wohl schon gestanden? Und welche Lösung mögen Sie damals für sich gefunden haben? Vielleicht gibt es auch etwas Aktuelles in Ihrem Leben, sodass Ihnen auch überhaupt nicht nach Weihnachten zumute ist?
Maria fragt nach: Wie soll das gehen? Der Engel sagt: Die heilige Geistkraft wird auf Dich herabkommen. Ja, denke ich. Was der Engel zu Maria sagt, das gilt doch auch uns. Die Heilige Geistkraft wird kommen und uns erfüllen. Immer wieder neu. Gerade dann, wenn wir vor Aufgaben / Herausforderungen stehen, die uns etwas zumuten.
Maria nimmt die Herausforderung an und macht sich auf den Weg. Sie sucht die Nähe einer Person, die in einer ähnlichen Situation ist. Elisabeth ist ebenfalls schwanger. Und auch der Gedanke trägt. Mir fallen Selbsthilfegruppen ein, wie zum Beispiel für pflegende Angehörige. Auch hier kommen Menschen in ähnlichen Lebenssituationen zusammen. Drei Monate verbringen die beiden Frauen miteinander. Dann ist Maria so weit. Sie geht weiter.
Mögen Sie Zeit und Ruhe finden, sich langsam innerlich auf den Weg zu machen.
Mögen Ihnen immer wieder Engel und Menschen begegnen, die Mut zusprechen und unterstützen.
Es wird Weihnachten!
Pfarrerin Ruth Reusch, Stiftung kreuznacher diakonie
Jede und jeder von uns macht den Unterschied!
„Und als Jesus in das Haus des Petrus gekommen war, sah er dessen Schwiegermutter fieberkrank daniederliegen. Und er rührte ihre Hand an, und das Fieber verließ sie; und sie stand auf und diente ihm.“
(Matth.8,14-15).
Als ich mich bei der Vorbereitung für eine Andacht mit den beiden Versen aus dem Matthäusevangelium auseinandersetzte, ist bei mir ganz überraschend eine Erinnerung an meine schwerkranke Tante aufgestiegen. Eine schwere Erinnerung. Meine Tante war an Krebs erkrankt und es war klar, dass sie nur noch eine kurze Lebenserwartung hat. Das Bild, das in mir aufstieg war das meiner schwachen Tante, die im Sterben lag und der wir beistanden.
Ein Ausnahmezustand – auf einmal waren die Gefühle wieder da, die Angst, die Ohnmacht und Hilflosigkeit, die Traurigkeit, aber auch das Gefühl des Gehaltenseins in all dem Schweren.

Foto: Annerut Marx
Zurück zu unserer biblischen Geschichte:
Viel wird uns nicht geschildert, nur dass die Frau starkes Fieber hatte. Vielleicht war sie auch todkrank? Vielleicht hatten auch Petrus und seine anderen Angehörigen Angst und waren hilflos. Im Hause des Petrus herrschte vermutlich auch ein Ausnahmezustand.
Und was passierte als Jesus in das Haus kam?
Jesus sieht die Frau, nimmt wahr, er schaut hin.
Jesus geht zu ihr, er nimmt ihre Hand, Jesus berührt sie.
“Und er rührte ihre Hand an, und das Fieber verließ sie.”
Welch eine unglaubliche Wendung durch die Zuwendung von Jesus. Jesus macht den Unterschied.
Wie war das bei meiner Tante?
Auch für meine Tante wurde gebetet und sie selbst hat auf Heilung gehofft. Doch sie wurde nicht geheilt.
War Jesus nicht da? Hat er sie nicht gesehen, nicht wahrgenommen, nicht angerührt?
Auch wenn meine Tante nicht geheilt wurde, glaube ich, dass Jesus meine Tante und auch uns um sie herum gesehen hat. Im Nachhinein war für mich in diesem Ausnahmezustand die Gegenwart Gottes so stark spürbar wie kaum sonst in meinem Leben. Durch die Menschen, die uns beigestanden haben, durch verschiedene Begebenheiten, die sich gefügt haben und durch die Nähe zu meiner Tante bei ihrem letzten Atemzug.
Als ich nochmal über das Erlebte nachgedacht habe, kam mir eine Begebenheit besonders in den Sinn. Meine Tante war zwei Tage vor ihrem Tod auf der Palliativstation im Krankenhaus, sie hatte Wasser in der Lunge und litt an Luftnot. Es war unklar, wann sie entlassen werden kann und ob sie überhaupt den Transport übersteht. Der behandelnde Arzt war sehr zögerlich mit der Entlassung nach Hause. Als ich sie besuchte, begegnete mir auf dem Flur eine Ordensschwester, die meine Tante betreut hat. Ohne mich zu kennen, wandte sie sich zu mir und sagte: „Holen sie ihre Tante nach Haus, so bald wie möglich!“
Das hat mich berührt und mich dazu gebracht sofort alle Hebel in Bewegung zu setzen, wir konnten meine Tante am nächsten Tag nach Hause bringen. Sie war so froh zu Hause zu sein und darüber wie schön wir es ihr in ihrem zu Hause gemacht haben. Dort im Kreis ihrer Vertrauten konnte sie in Frieden sterben.
Jede und jeder von uns macht den Unterschied – so wie diese Ordensschwester, die meine Tante sah und die sich mir zuwandte und mich dadurch in Bewegung brachte.
Jesus nimmt wahr, Jesus berührt und Jesus heilt.
Ich wünsche uns, dass wir immer wieder Jesus begegnen, der durch seine Zuwendung für uns den Unterschied macht – auf welche Weise auch immer. Und dass wir selbst immer wieder zu solchen Menschen werden, die für andere den Unterschied machen.
Text/Fotos:
Annerut Marx
Dipl. Sozialarbeiterin
Mein Resilienz-Baum

Foto: Udo Foerster
Wie alt wird ein Kirschbaum? Das habe ich mich oft gefragt, wenn ich beim Spaziergang mit dem Hund an einem bestimmten Baum vorbeigekommen bin. Der Baum, den ich meine, ist knorrig, wirkt verwachsen. Menschen haben Äste abgesägt, abgeschlagen, abgebrochen. Der Sturm hat den Zweigen zugesetzt. Die Rinde ist eingeritzt, Kerben hier und da. Dennoch steht er da, so eigentümlich krumm. Aber im August trägt er prachtvolle rote Früchte – in großer Zahl. Fast traubenartig. Der Baum berührt mich. Heute weiß ich, dass Gewächse seiner Art in der Regel 60 bis 80 Jahre alt werden können. Ein Menschenalter. Ich selbst bin fast 60 Jahre alt – und wie dieser Baum habe auch ich viel erlebt. Sturm und Regen, Gewitter, Schnee, doch auch Sonnenschein – und zuletzt diese quälende Dürre.
Aber es war nur zum geringen Teil die Witterung, die mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin. Ich habe viel erlebt. Eine Kindheit in ärmlichen Verhältnissen, eine harte Schulzeit, ich war als „Streber“ verschrien, hatte kaum echte Freunde. Mit der Uni kam Freiheit, danach der berufliche Aufstieg. Eine steile Karriere, der ich später gesundheitlich Tribut zollte. Rückschläge trafen mich, immer wieder. Immer heftiger. Der Tod meiner Eltern. Die Finanzkrise, durch die ich fast meine Firma verloren hätte. Ich hatte weise Freunde, liebende Menschen, insbesondere meine Frau, die mich stützten und trugen und vor dem Schlimmsten bewahrten.
Eins habe ich dennoch erfahren. Aus jeder Krise in meinem Leben bin ich gestärkt hervorgegangen. Ich habe mir eine Art Resilienz zugelegt. Der Begriff, heute in Mode, beschreibt die Anpassungsfähigkeit eines Menschen als Reaktion auf Krisen. Menschen verarbeiten Erlebtes, üben daraufhin neue Verhaltensmuster ein, die sie bei ähnlichen Problemstellungen erneut abrufen. Somit fällt die Bewältigung von Krisen und Problemen leichter – man betritt nicht jedes Mal „Neuland“, wenn man vor einer schwierigen Situation, einer neuen Herausforderung steht. Es liegen bereits Methoden und Lösungsstrategien vor. Und: Fehler, die ich einmal gemacht habe, mache ich kein zweites Mal mehr.
So bin ich stärker geworden – im Laufe meines Lebens. Vor allem innerlich. Ebenso wie der Kirschbaum auf dem Acker – mit Schrammen, Kratzern, großen und kleinen Schäden. Und wie „mein Resilienz-Baum“ als Symbol daheim in Nieder-Olm trage auch ich prachtvolle Früchte – im übertragenen Sinne: Es sind mein Wissen und meine Erfahrung bei der Bewältigung von Krisen, die ich gerne mit anderen Menschen teile.
Vom Udo Foerster
Genieße den Augenblick

Foto Alfons Dörr
Der Sommer hat uns mit Sonne verwöhnt – es waren viele – fast zu viele – wirklich warme und sonnige Tage. Es ist auch viel zu trocken in der Natur, in unseren Gärten und den Feldern und im Wald.
Doch trotz all der Bedenken und der zahlreichen Krisen, die uns zurzeit sehr berühren und sorgenvoll machen, trotzdem ist es einfach herrlich morgens den blauen Himmel zu schauen und die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut zu spüren. Die Sonne strahlt und das geht uns doch direkt ins Herz – es wärmt uns von innen – unsere Seelen tanken auf!
Im August hat mich meine Mama für eine Woche besucht. Sie wohnt im Saarland, sie ist bereits 90 Jahre und sie kommt nicht mehr oft. Die Anreise mit der Bahn war auch gar nicht so einfach, aber sie hat es mit viel Mut und Geduld gut bewältigt! Wir waren darüber sehr froh und wir haben wirklich eine wunderbare Woche Urlaub bei uns zuhause verbracht.
In unserem Garten erblühte die schöne Sonnenblume und hat uns das Herz erfreut.
Sie ist ein Symbol der Hoffnung und Zuversicht, ein Symbol, das auf die Sonne – das Licht der Welt – hinweist und könnte sie sprechen, da würde sie etwa sagen:
„Mit meiner Blüte strahle ich dich an, ich verweise auf die Sonne, die uns immer wieder scheint und uns zeigen will, dass wir dem Leben trauen dürfen. Trotz vieler Grenzerfahrungen und Ängste bin ich ein Beispiel dafür, dass das Leben immer weiter geht. Ich drehe mein Gesicht immer zur Sonne hin, sie ist mein Lebenslicht und lässt mich wachsen und gedeihen, zu eurer Freude.“
Für mich war es in dieser Woche, die ich mit meiner Mama verbringen durfte, ein schönes Zeichen dafür, dass ich dankbar bin und den Augenblick genießen darf, der mir vom Himmel geschenkt ist.
Unser „Familienlied“ von Udo Jürgens: „Denn immer wieder geht die Sonne auf“ passt gut dazu.
Wenn sich im September der Sommer langsam verabschiedet, schauen wir auf die Blüte der Sonnenblume und dürfen immer wieder erfahren:
„Genieße den Augenblick – er ist ein Geschenk des Himmels!“
Das wünscht Ihnen allen von Herzen,
Bärbel Dörr – Gemeindereferentin, Kontakt zur katholischen Kirchengemeinde
Mit meinem Gott springe ich über Mauern!

Foto: Udo Foerster
Es war ein seltsamer Anblick! In einem wunderschönen Urlaubsgebiet in Deutschland hatten wir Quartier bekommen. Aber als ich morgens mit den Hunden durch die kleine Siedlung laufe, werde ich förmlich erschlagen. Mauern über Mauern, an jedem Grundstück hochgezogen, über-Manns-hoch. Aus Stein, aus Plastik, aus Holz- kein Einblick möglich, kein morgendlicher Gruß. Bedrohlich sah das aus, unwillkürlich fragte ich mich: welche Personen wohnen hier?
Mir kam das junge Paar in den Sinn, dass ich in Köln getraut hatte. Die Frau hatte durch Knochenkrebs ein Bein verloren, ein wenig steif ging sie mit ihrer Prothese am Arm ihres Mannes zum Altar- drehte sich um, und sagte laut ihren selbst gewählten Trauspruch in die Kirche hinein: „Mit meinem Gott springe ich über Mauern“.
Als sie ihn mir im Traugespräch das erste Mal sagte, zuckte ich zusammen, dachte sofort: wie soll das gehen- so- mit einer Prothese? „Ganz einfach“, antwortete sie mir auf meine Frage: „ich habe so viele Mauern in meinem Leben erfahren nach der Diagnose. So vieles, was ich nicht mehr konnte, so vieles, was mir andere nicht zutrauten, so vieles, was ich mir selber nicht zutraute. Und dann fand ich Menschen, die mir Mut machten, und dann lernte ich meinen Mann kennen, der mich liebt, so wie ich bin. Ich habe erfahren: Vieles überwinde ich, wenn mir andere zur Seite stehen, für viel mehr ist es wichtig, dass ich mir selber das zutraue, mir selber Mut zu spreche. Und zu allem macht mir auch Gott Mut.
Mich hat diese junge Frau sehr beeindruckt- auch wie sie ihren Trauspruch laut in die Gemeinde sprach. Auch hier stutzten erst alle, aber dann standen sie auf und beklatschten das junge Paar.
Das Leben stellt uns immer wieder Mauern in den Weg. Manche ziehen wir selber hoch, wie in dem Urlaubsgebiet, und sperren uns so vom Leben und der Begegnung aus. Manche werden uns in den Weg gestellt durch das Leben. Wir können daran verzweifeln, wir können aber auch an ihnen wachsen, ja „hochwachsen!“ Gerade in Pflege und Krankheit ist es ja so, dass wir, wenn wir davorstehen, meinen, wie soll das gehen? Und dann geht es, wenn andere mithelfen, wenn Mut zugesprochen wird, wenn wir zusammenhalten, aber auch unsere Grenzen kennen und Hilfen annehmen. Wenn ein Weg nicht geht, dann vielleicht ein anderer, wenn ich es selber nicht schaffe, dann vielleicht ein anderer für mich, wenn ich es mir selber nicht zutraue, dann kann ich mich manchmal sogar selber überraschen.
Mit meinem Gott springe ich über Mauern (Psalm 18,30)!
Nicht vor Mauern klein beizugeben- das habe ich von dieser jungen Frau gelernt. Ein Jahr später flatterte in meinen Briefkasten ein Brief von ihr mit einem Foto: da saß sie, ihr Mann neben ihr und in der Mitte ein kleines Baby, ihr Sohn- und hinten auf das Foto hatte sie geschrieben: „Ja, mit meinem Gott springe ich über Mauern!“
Einen guten Sommer mit manchem „Mauersprung“ wünscht
Ute Weiser, Ev. Kirchengemeinde Bad Kreuznach