„Und als Jesus in das Haus des Petrus gekommen war, sah er dessen Schwiegermutter fieberkrank daniederliegen. Und er rührte ihre Hand an, und das Fieber verließ sie; und sie stand auf und diente ihm.“
(Matth.8,14-15).


Als ich mich bei der Vorbereitung für eine Andacht mit den beiden Versen aus dem Matthäusevangelium auseinandersetzte, ist bei mir ganz überraschend eine Erinnerung an meine schwerkranke Tante aufgestiegen. Eine schwere Erinnerung. Meine Tante war an Krebs erkrankt und es war klar, dass sie nur noch eine kurze Lebenserwartung hat. Das Bild, das in mir aufstieg war das meiner schwachen Tante, die im Sterben lag und der wir beistanden. 

Ein Ausnahmezustand – auf einmal waren die Gefühle wieder da, die Angst, die Ohnmacht und Hilflosigkeit, die Traurigkeit, aber auch das Gefühl des Gehaltenseins in all dem Schweren. 

Foto: Annerut Marx

Zurück zu unserer biblischen Geschichte:
Viel wird uns nicht geschildert, nur dass die Frau starkes Fieber hatte. Vielleicht war sie auch todkrank? Vielleicht hatten auch Petrus und seine anderen Angehörigen Angst und waren hilflos. Im Hause des Petrus herrschte vermutlich auch ein Ausnahmezustand.

Und was passierte als Jesus in das Haus kam?

Jesus sieht die Frau, nimmt wahr, er schaut hin.
Jesus geht zu ihr, er nimmt ihre Hand, Jesus berührt sie.
“Und er rührte ihre Hand an, und das Fieber verließ sie.”

Welch eine unglaubliche Wendung durch die Zuwendung von Jesus. Jesus macht den Unterschied. 


Wie war das bei meiner Tante?
Auch für meine Tante wurde gebetet und sie selbst hat auf Heilung gehofft. Doch sie wurde nicht geheilt. 

War Jesus nicht da? Hat er sie nicht gesehen, nicht wahrgenommen, nicht angerührt?

Auch wenn meine Tante nicht geheilt wurde, glaube ich, dass Jesus meine Tante und auch uns um sie herum gesehen hat. Im Nachhinein war für mich in diesem Ausnahmezustand die Gegenwart Gottes so stark spürbar wie kaum sonst in meinem Leben. Durch die Menschen, die uns beigestanden haben, durch verschiedene Begebenheiten, die sich gefügt haben und durch die Nähe zu meiner Tante bei ihrem letzten Atemzug. 

Als ich nochmal über das Erlebte nachgedacht habe, kam mir eine Begebenheit besonders in den Sinn. Meine Tante war zwei Tage vor ihrem Tod auf der Palliativstation im Krankenhaus, sie hatte Wasser in der Lunge und litt an Luftnot. Es war unklar, wann sie entlassen werden kann und ob sie überhaupt den Transport übersteht. Der behandelnde Arzt war sehr zögerlich mit der Entlassung nach Hause. Als ich sie besuchte, begegnete mir auf dem Flur eine Ordensschwester, die meine Tante betreut hat. Ohne mich zu kennen, wandte sie sich zu mir und sagte: „Holen sie ihre Tante nach Haus, so bald wie möglich!“

Das hat mich berührt und mich dazu gebracht sofort alle Hebel in Bewegung zu setzen, wir konnten meine Tante am nächsten Tag nach Hause bringen. Sie war so froh zu Hause zu sein und darüber wie schön wir es ihr in ihrem zu Hause gemacht haben. Dort im Kreis ihrer Vertrauten konnte sie in Frieden sterben.

Jede und jeder von uns macht den Unterschied – so wie diese Ordensschwester, die meine Tante sah und die sich mir zuwandte und mich dadurch in Bewegung brachte.
Jesus nimmt wahr, Jesus berührt und Jesus heilt.


Ich wünsche uns, dass wir immer wieder Jesus begegnen, der durch seine Zuwendung für uns den Unterschied macht – auf welche Weise auch immer. Und dass wir selbst   immer wieder zu solchen Menschen werden, die für andere den Unterschied machen.

 

Text/Fotos:
Annerut Marx
Dipl. Sozialarbeiterin